Ruwen Kronenberg dirigiert eine stattliche Anzahl an Jugendlichen, die für das Programm Go East mit Auftritten am 9. und 10. September in Grenchen und Solothurn proben. Bild: José R. Martinez

Das Solothurner Jugendsinfonieorchester konnte jüngst an Mitgliedern gewinnen. Eine Umfrage in Grenchen und in Olten zeigt, wie die Jugendformationen regionale Traditionen aufrechterhalten. Und auch der kantonale Blasmusikverband könnte vom Aufschwung profitieren.

Schüler- und Jugendmusik – das Thema weckt Erinnerungen an Vorspielabende in einer Aula, wo sich talentierte Vorträge mit unharmonisch klingendem Geklimper oder Gedudel vermischen. Dass die qualitative Spannweite so gross ist, liegt oft daran, dass das Erlernen eines Instrumentes einfach irgendwie dazugehört. Doch der Trend zeigt: Kinder und Jugendliche interessieren sich wieder mehr aus eigenem Antrieb und mit viel Engagement für das Musikmachen. Damit es nicht nur beim wöchentlichen Unterricht mit dem Instrumentallehrpersonen bleibt, sondern auch die Freude am Spielen mit Gleichgesinnten gefördert wird, bieten Musikschulen auch Gruppen-Unterricht an. Zudem gibt es Orchester und Ensembles, die den Fokus bewusst auf die Jugend legen.

Gut gewachsenes Orchester
Dazu gehört das «Regionale Jugend Sinfonieorchester» (RJSO) in Solothurn das 2016 mit rund 35 Mitgliedern zwischen 12 und 25 Jahren gestartet ist – unterstützt von Register-Lehrpersonen. Von Anfang an dabei ist der musikalische Leiter Ruwen Kronenberg. Für ihn ist das RJSO ein Erfolgsprojekt. Aktuell kommen die rund 45 Jugendlichen aus dem Gebiet zwischen Oensingen, Solothurn und Grenchen. Doch der Leiter sieht Luft nach oben: «Es gibt in der Region noch einige Schülerinnen und Schüler, welche nicht genügend über die Existenz unseres Orchesters informiert sind.»

Das RJSO ist ein Projektorchester. Bis 2021 wurde jährlich während Intensivtagen sowie bei rund zehn zusätzlichen Proben in Solothurn im Hinblick auf die Herbstkonzerte geübt. Seit 2022 trifft sich das Orchester auch zu einem Lager in Adelboden. Während der Pandemie wurde beim RJSO nur in Kleingruppen geprobt. Daraus entstand zum Beispiel ein Streichquartett, das heute noch besteht. Ein paar Jugendliche, die seit Beginn dabei sind, äusserten in dieser Zeit auch den Wunsch, in Eigenregie jedes Jahr zusätzlich ein Frühlingskonzert zu organisieren. Und so fährt diese kleinere Formation nächstes Jahr für ein Konzert in die Solothurner Partnerstadt Heilbronn. Das ist laut Kronenberg auch das Erfolgsrezept: «Wir sind ein flexibles Orchester, bei dem die Mitspielenden viel Mitspracherecht haben.»

Von schwierig bis erfolgreich
Nicht alle in der Region verwurzelten grösseren Jugend- und Schülerformationen sind mit so viel Erfolg unterwegs. So musste laut dem Grenchner Musikschulleiter Andreas Moser die Grenchner Jugendmusik – ein ehemaliges Vorzeige-Bläser-Ensemble – in eine kleine Formation umgewandelt werden. Das sei aber nicht grundsätzlich ein Problem, betont Moser – und es freut ihn, dass einige Grenchner Jugendliche beim RJSO mitspielen.

Auch der Solothurner Blasmusikverband versucht, junge Musizierende für seine Formationen zu begeistern. Marco Nussbaumer, der für die Jugend zuständig ist, weiss, dass oft vor allem bei ortsgebundenen Vereine der Nachwuchs fehlt. Ihm ist zudem bewusst, dass die Blasmusik ein Imageproblem hat: «Die Tatsache, dass Blasinstrumente während der Pandemie als Virenschleudern propagiert wurden, war nicht hilfreich.»

Schwarzmalerei liegt ihm aber nicht. Er sieht in den Jugendformationen viel Potenzial: «Diese sind zeitlich begrenzt, geben aber die Möglichkeit, eine in gewissen Regionen tief verwurzelte Tradition aufrechtzuhalten.» Der Trend zeige nach oben. Und er ist überzeugt: «Mit Leidenschaft und innovativen Ideen lassen sich Jugendliche wieder vermehrt für die Blasmusik begeistern. Das zeigt sich auch am Beispiel der zwei erfolgreichen kantonalen Jugendlager, die wir durchführen.»

Einen Boom stellte Barbara Junker, Geschäftsführerin des Verbandes der Solothurner Musikschulen, fest: «Während der Pandemie stieg das Interesse am Instrumentalunterricht, da ein grosser Teil des Freizeitangebots nicht stattfinden konnte. Seither sind die Zahlen in ländlichen Regionen zwar wieder gesunken, in den Städten hingegen konstant geblieben.»

Familie und Gspänli sind oft entscheidend

Und sie macht folgende Beobachtung: «Welches Instrument die Kinder wählen, hat oft mit familiären Einflüssen oder durch einen Trend unter Gspänli zu tun. Aber auch die jeweilige Lehrperson kann bei der Instrumentenpräsentation einen Trend beeinflussen.»

Ähnliche Beobachtungen macht Sandra Rupp Fischer, Leiterin der Musikschule Olten: «Bei der Instrumentenwahl gibt es in der Regel minime jährliche Schwankungen. Über eine längere Zeitspanne gesehen, zeigen sich jedoch Instrumente mit rückläufiger Tendenz, andere gewinnen an Aufmerksamkeit.» Nebst kleinen Ensembles und Bands gibt es an der Musikschule Olten mehrere Orchester mit 20 bis 45 Schülerinnen und Schülern. Sinfonische Projekte in grosser Besetzung finden durchschnittlich alle zwei Jahre statt.

Wie wichtig Elite-Formationen sind, sieht auch Ruwen Kronenberg: «Mit dem RJSO sind wir sozusagen die Schnittstelle zwischen Schulen und in der Region tief verankerten Orchestern, wo aber mehrheitlich Erwachsene mitspielen.» Die Aufgabe sei somit nicht nur, die Freude an der Musik zu vermitteln, sondern auch die Gemeinschaft zu pflegen und zu zeigen, dass der Musiknachwuchs engagiert unterwegs ist.

Möglich ist das zum Beispiel am kommenden Wochenende – wenn das RJSO mit dem Programm «Go East» in Grenchen (9. September) und Solothurn (10. September) gastiert. Mitte September ist das RJSO zudem anlässlich des Jugendmusikfestes in St. Gallen zu hören.

© 2023 Grenchner Tagblatt, 04.09.2023 Text von: Lucilia Mendes von Däniken

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